Stellungnahme der Stiftung Garnisonkirche Potsdam zu der offenen Erklärung von der Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“

29.08.2014

Die Unterzeichner der oben genannten Initiative weisen zu Recht auf die Tatsache hin, dass sich der Protestantismus in früheren Phasen in einer aus heutiger Sicht nicht akzeptablen Weise von Obrigkeit und Militär instrumentalisieren ließ. Diese Einsicht trifft allerdings nicht nur für die Potsdamer Hof- und Garnisonkirche zu, sondern für weite Teile von Theologie und Kirche insgesamt. Es handelt sich also um ein allgemeines Phänomen, mit dem sich die gesamte Evangelische Kirche in den zurückliegenden Jahrzehnten auseinandersetzen musste und im Jahr 2014 angesichts der Erinnerung an den Beginn der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts in den Jahren 1914 und 1939 auseinandersetzen muss.

 

Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen vollzog sich in der evangelischen Kirche nach 1945 eine Umkehr im Hinblick auf das christlich-jüdische Verhältnis, die Unabhängigkeit von Kirche und Staat, die friedensethische Positionierung, die Bejahung von Menschenrechten und Demokratie sowie die Arbeit an einem geschlechtergerechten Verhältnis von Frauen und Männern. Diese Neuorientierungen zeugen von der Bereitschaft unserer Kirche, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und neue Wege zu beschreiten. In dieses Bemühen ordnen sich auch die kirchlichen Anstrengungen zur Wiedergewinnung der Garnisonkirche Potsdam ein.

 

Die Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“ nimmt das nicht zur Kenntnis. Dadurch fördert sie die unzutreffende Einschätzung, in Potsdam solle eine Militärkirche wiederaufgebaut und deutsche Großmannssucht religiös verbrämt werden. Sie geht davon aus, dass das neue Gebäude automatisch von altem Geist erfüllt sein wird. Das ist in unseren Augen unbegründet und kleingläubig.

 

Oder wollen die Initiatoren unterstellen, dass diejenigen, die das Vorhaben des Wiederaufbaus verantworten, einen solchen alten Geist vertreten? Das wäre falsch und ehrenrührig. Aus den bisherigen Schritten zur Wiedergewinnung der Garnisonkirche lässt sich das nicht begründen.

 

1. Im Blick auf die handelnden Personen in Kuratorium, den Stiftungsorganen, der Fördergesellschaft und im Pfarramt sind solche Verdächtigungen ungerechtfertigt. Wer anderes behaupten will, muss Ross und Reiter nennen.

 

2. Die von den Aufsichtsbehörden genehmigte Satzung der Stiftung Garnisonkirche Potsdam artikuliert in der Präambel das Ziel des Wiederaufbaus und der Nutzung der Garnisonkirche „als Stadtkirche sowie als Symbolkirche und Ort der Versöhnung“. In § 2 der Satzung, die die Ziele der Stiftung beschreibt, sind neben dem Wiederaufbau der Garnisonkirche die „Friedens- und Versöhnungsarbeit“ (Abs. 3), die „Durchführung und Förderung von Stadtkirchenarbeit“ (Abs. 4), die „christlich geprägte Bildung“, eine „Ethik der Verantwortung aus christlichem Geist“ (beides Abs. 5) und schließlich die Nutzung der Garnisonkirche als „Symbolkirche und Erinnerungsort“ (Abs. 6) genannt; das letztere wird folgendermaßen erläutert: „Das bedeutet, dass die wechselvolle Geschichte der Garnisonkirche Potsdam in ihren unterschiedlichen Bezügen aufgearbeitet, dokumentiert und vermittelt wird.“ Es lassen sich wohl kaum Argumente dafür finden, dass diese Ziele nicht gemeinwohlkonform oder theologisch bedenklich seien.

 

3. Die Grundausrichtung der inhaltlichen Praxis steht unter dem Dreiklang „Geschichte erinnern – Verantwortung lernen – Versöhnung leben“. Das Veranstaltungsprogramm in der Nagelkreuzkapelle von den Gottesdiensten über die Friedensgebete bis hin zu den zahlreichen Projektveranstaltungen wird gut aufgenommen und gibt keinen Anlass zu Befürchtungen. Das Gegenteil ist der Fall.

 

4. Die von der oben genannten Initiative aufgestellte Behauptung, die Stiftung sei wortbrüchig geworden, weil das Nagelkreuz aus Coventry nicht auf die Kirchturmspitze käme, ist falsch. Paul Oestreicher hat als Vertreter der Nagelkreuzgemeinschaft schon vor Jahren dazu geraten, das Kreuz nicht auf den Turm zu setzen, sondern an einer anderen Stelle zu platzieren und vor allem die inhaltliche Arbeit im Zeichen dieses Kreuzes zu stärken. Eine Zustimmung der Kathedrale von Coventry und der Nagelkreuzgemeinschaft zu einer Anbringung des Nagelkreuzes auf dem Turm liegt also nicht vor. Seit 2004 gehört das Wiederaufbauprojekt zur Deutschen und zur Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft. Auf dem Altar der Nagelkreuzkapelle steht seitdem das Nagelkreuz als mahnendes Zeichen der Umkehr. Am 20. Juli 2014 wurde der Kapelle durch den Dean of Coventry John Witcombe und den Vorsitzenden der Deutschen Nagelkreuzgemeinschaft Oliver Schuegraf unter Mitwirkung von Paul Oestreicher und Nikolaus Schneider der Name Nagelkreuzkapelle verliehen.

 

Die Stiftung Garnisonkirche hat den Initiatoren bereits am 8. August 2014 ein direktes Gespräch angeboten, um sie besser zu informieren. Dieses Angebot wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass solche Gespräche erst nach der Veröffentlichung der Erklärung möglich seien. Nach unserem Verständnis wäre das umgekehrte Vorgehen angemessen: erst miteinander reden, um zu sehen, ob eine öffentliche Anklage wirklich angezeigt ist. Nach wie vor sind wir zu solchen Gesprächen bereit.

 

Bild zur Meldung: Stellungnahme der Stiftung Garnisonkirche Potsdam zu der offenen Erklärung von der Initiative „Christen brauchen keine Garnisonkirche“